Henriette Quade (Die Linke): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Vermutlich jeder hier im Saal kann sagen, wie diese Debatte verläuft, ohne auch nur ein einziges Mal in die Antwort der Landesregierung zu schauen.

(Zustimmung bei der Linken und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lachend: Ja! Genau!)

Es wird behauptet und problematisiert, es lebten zu viele Ausländer in Sachsen-Anhalt. Es wird problematisiert, dass es für Kategorien, wie sie die AfD gern verwendet, z. B. illegale Ausländer, schlichtweg keine statistische und - in dem Fall kann und muss man sagen - rechtsstaatliche Entsprechung gibt.

(Zustimmung bei der Linken - Beifall bei den GRÜNEN)

Es wird so getan, als sei das ein Skandal. Es wird auf im Vergleich zur deutschen Bevölkerung geringe Anteile am Erwerbsleben abgestellt und so getan, als läge es an Faulheit, an fehlender Eignung oder an der Höhe der Sozialleistungen. Und selbstverständlich darf die Verbindung von Migration und Kriminalität nicht fehlen. 

Es geht zuallererst nicht darum, Antworten zu bekommen und mit denen etwas zu tun, sie zu analysieren. Es geht darum, Fragen zu stellen, die gesellschaftliche Probleme bestimmten gesellschaftlichen Gruppen zuordnen, und Ursache und Wirkung außer Acht zu lassen. 

Ein Beispiel. Dass Prävention nicht nur sinnvoller, sondern auch billiger ist als die Behandlung von Krankheiten, ist Allgemeinwissen und Ansatz moderner Medizin. Was findet hier statt? - Nicht die rationale Schlussfolgerung, dass alle Menschen, die hier leben, Zugang zu Präventivmedizin haben sollten, sondern die Skandalisierung der Kosten für nicht erfolgte Prävention. 

Wie immer bei der extremen Rechten geht es nicht um die Perspektive der Überwindung von Ungleichheit und die Frage nach strukturellen Ursachen, sondern um Herausarbeiten, Zementieren und ethnisches Begründen von Problemen. Als Linke sagen wir sehr klar: Wer die Höhe staatlicher Ausgaben für Geflüchtete und Asylsuchende beklagt, der muss ihnen ein eigenständiges Leben ermöglichen, den Zugang zu Sprachkursen gewährleisten und ihnen ermöglichen, zu arbeiten. 

Betroffene selbst, Flüchtlingsräte und Integrationssachverständige weisen seit Jahren auf negative Folgen fehlender Integrationschancen hin. Dass sich zu wenig ändert, ist nicht die Schuld derjenigen, die ausgeschlossen werden. Es ist politisches Versagen der zuständigen Regierung.

(Beifall bei der Linken)

Dass Menschen nicht von ihrer Rente oder von ihrem Arbeitslohn leben können, hat nichts mit der Anwesenheit von Geflüchteten, von ihrer Zahl oder von der Höhe ihrer Sozialleistungen zu tun, sondern ist Ergebnis ungerechter Politik.

(Zustimmung bei der Linken)

Niemand wird kriminell geboren. Nicht die Abstammung, sondern Lebensumstände und Perspektiven entscheiden darüber, ob jemand kriminelle Handlungen begeht oder nicht.

(Christian Hecht, AfD: Ach so!)

Wer sich - dazu gibt es Anlass; ich sage das in aller Deutlichkeit - mit der Kriminalitätsrate von Nichtdeutschen und ihrer überproportionalen Präsenz in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik im Vergleich zum deutschen Bevölkerungsanteil und im Vergleich zum Bevölkerungsanteil ausländischer Personen beschäftigt, der muss nach sozialer Lage, nach familiärer Situation, nach Bildungsteilhabe und sozialräumlichem Lebensumfeld fragen. Denn das sind die zentralen Faktoren, die Kriminalität beeinflussen, nicht Herkunft. 

(Beifall bei der Linken und bei den GRÜNEN - Guido Kosmehl, FDP: Das hat nichts mit Bildung zu tun! - Zuruf von der AfD: Wir sind schuld? - Eva von Angern, Die Linke: Schauen Sie mal in die Gefängnisse! Da sehen Sie, dass das mit Bildung zu tun hat! - Guido Kosmehl, FDP: Das ist Quatsch! - Eva von Angern, Die Linke: Das ist kein Quatsch!)

Das ist wissenschaftlich umfassend untersucht und auch im Rechtsausschuss im Kontext unseres Antrages zur Jugenddelinquenz fundiert dargestellt worden. Ich zitiere aus der Stellungnahme der Fach- und Beratungsstelle für Gewalt- und Radikalisierungsprävention: 

„Überdurchschnittliche Belastung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (schlechte sozialräumliche Lage, schlechte Bildungssituation, schlechte ökonomische Situation, schlechte familiäre Situation) führt zu überdurchschnittlichem Delinquenzverhalten, bei Ausbleiben der Belastungs- bzw. Risikofaktoren durchgängig Senkung des Kriminalitätsverhaltens bei Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund“.

(Beifall bei der Linken - Eva von Angern, Die Linke: Genau!)

Wer also etwas gegen Kriminalität tun will, der muss die Ausprägung abgehängter und armer Stadtteile bekämpfen,

(Zustimmung von Eva von Angern, Die Linke)

der muss die soziale Segregation eindämmen, der muss sinnvolle und strukturierte Freizeitangebote


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Quade, kommen Sie bitte zum Ende.


Henriette Quade (Die Linke): 

für alle Jugendlichen schaffen, Maßnahmen zur Vermeidung von Schulverweigerung und  abstinenz treffen, die dafür benötigten Ressourcen zur Verfügung stellen und Regelstrukturen so ausstatten, 

(Zuruf von der AfD: Gut jetzt!)

dass sie für die Aufgaben gewappnet sind.

(Christian Hecht, AfD: Schluss jetzt!)

Wer will, dass die Statistiken    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Das war es, Frau Quade. Sie hatten vier Minuten Redezeit.

(Zustimmung von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Das war ein Schlusssatz. 


Henriette Quade (Die Linke): 

Darf ich den Satz beenden?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Das war eben ein Schlusssatz.